Lautstärke: Welche Normen sind erlaubt?

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Mietstreitigkeiten gehören für viele Gerichte zum Alltag dazu. Häufig stehen Unstimmigkeiten über Lärmbelästigungen im Fokus. Die Aufgabe der Gerichte ist es, der Frage nachzugehen, welche Lautstärken als zumutbar oder unzumutbar gelten. Eine wichtige Grundlage zur Klärung dieser Frage sind im Mietvertrag getroffene Vereinbarungen. Diese Regelungen beziehen sich beispielsweise auf vorgeschriebene Ruhezeiten, Zeiträume für Hausmusik oder die Tierhaltung. Eventuell werden Vereinbarungen über eine Einhaltung spezieller technischer Regeln wie einen Schallschutz berücksichtigt. Liegen keine Sonderregelungen vor, gelten klassische Absprachen.

Lautstärke: Welche Normen sind erlaubt?

Diese Geräusche müssen von anderen Mietparteien akzeptiert werden

Beispielsweise müssen andere Mieter und Bewohner all die Geräusche akzeptieren, die mit einer normalen Wohnungsnutzung verbunden sind. Typische Beispiele normaler Geräusche sind Gehbewegungen, Waschmaschinen oder Staubsauger. Eine aufgestellte Pendeluhr oder ein abendliches Herumlaufen mit Straßenschuhen muss von anderen Mietparteien ebenfalls geduldet werden. Das Limit der Zumutbarkeit ist erreicht, wenn Geräusche oder Lärm das Wohlbefinden oder gar die Gesundheit anderer Menschen beeinträchtigen.

Gegenseitige Rücksichtnahme als „A“ und „O“

Generell ist es die Aufgabe aller Bewohner eines Mehrfamilienhauses, gegenseitige Rücksichtnahme auszuüben und andere Nachbarn nicht zu stören. Hierbei gelten keine überempfindlichen Nachbarn als Maßstab. Vielmehr steht bei Rechtsstreitigkeiten die Frage im Fokus, inwiefern sich durchschnittlich verständige Mieter von einem Geräuschaufkommen gestört fühlen würden. Gehen Gerichte davon aus, dass das Lärmaufkommen zumutbar ist und eine Berechtigung für eine Mietminderung vorliegt, wägen die Juristen möglicherweise die Interessen aller Parteien ab – ohne individuelle Gegebenheiten der Einzelfälle außen vor zu lassen.

Im Regelfall veranlassen Sachverständige eine Schallpegelmessung, deren Ergebnisse als Richtlinie der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit einer Lärmentwicklung dienen. Bei dieser Beurteilung werden in technischen Normen sowie Verwaltungsvorschriften festgehaltene Schallpegelrichtwerte berücksichtigt. Weiterhin wirken sich Faktoren wie vorhandene Umgebungsgeräusche, Dauer sowie Intensität der Lärmeinwirkung oder die Ortsüblichkeit der Geräusche auf die juristischen Entscheidungen aus.

Schallpegelmessung: So erfolgt die Messung von Lärm

Lärm ist keine physikalisch messbare Größe im klassischen Sinne. Denn Lärm wird von jedem Menschen anders empfunden. Deshalb wird über Schallpegelmessungen nicht der Lärm, sondern die Lautstärke von Geräuschen ermittelt. Der Schalldruckpegel wird in Dezibel bestimmt. Wer die Lautstärke mit einem Dezibelmessgerät messen möchte, stellt den Druck fest, der sich über Schallwellen auf das Trommelfell auswirkt. Für die Ermittlung der Resultate wird die sogenannte international genormte Frequenzbewertungskurse „A“ genutzt, die verschiedene Empfindlichkeiten des menschlichen Gehörs auf tiefe und hohe Frequenzen einschließt. Als Ergebnis wird der Schalldruckpegel ermittelt, der in dB(A) angegeben wird.

Schalldruckpegel normaler Geräusche des Alltags

Generell sollte bedacht werden, dass die Linie einer Entwicklung des Geräuschpegels nicht kongruent verläuft. Das bedeutet, dass ein 40 dB(A) starkes Geräusch nicht doppelt so intensiv wie ein Geräusch von 20 dB(A) ist. Bei einer geringen Lautstärke von etwa 30 dB(A) erhöht sich die empfundene Lautstärke bereits bei einer Steigerung von 3 bis 4 dB(A) um das Doppelte. Bei mittleren sowie hohen Lautstärken ab rund 50 dB(A) wird eine Erhöhung von rund 10 dB(A) über das menschliche Ohr als doppelt so laut wahrgenommen.

Das bedeutet im Praxisfall, dass Menschen einen Geräuschpegel von 33 dB(A) als doppelt so laut wie eine Tonstärke von 30 dB(A) empfinden. Im Gegensatz dazu erscheinen Geräusche von 60 dB(A) als doppelt so laut wie von 50 dB(A). Zudem wirken sich Aspekte wie Wechsel aus lauten und leisen Tönen sowie die Impulshaltigkeit auf die Lärmempfindung aus. Diese Impulshaltigkeit ist beispielsweise bei Techno-Musik besonders hoch.

Die Festlegung der Normen hängt von der Lärmquelle ab

Abhängig von der jeweiligen Lärmquelle liegen unterschiedliche VDI- oder DIN-Normen bzw. Verwaltungsvorschriften vor. Diese Maßgaben dienen als Richtlinien für juristische Institutionen, um die Zumutbarkeit von Lärm zu beurteilen. Vorrangig wird die sogenannte Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm angewendet. Diese Maßgabe fokussiert sich zwar grundsätzlich auf Gewerbelärm, dient jedoch für Gerichte als Orientierungspunkt für eine Bestimmung anderer Lärmarten. Dieser sogenannte TA-Lärm sieht zum Beispiel die nachfolgenden höchstzulässigen Schalldruckpegel vor, die von der Tageszeit sowie dem jeweiligen Gebiet abhängen.

  1. zulässige Schalldruckpegel im reinen Wohngebiet: nachts (22-6 Uhr) 35 dB, tagsüber 50 dB
  2. zulässige Schalldruckpegel im allgemeinen Wohngebiet: nachts (22-6 Uhr) 40 dB, tagsüber 55 dB
  3. zulässige Schalldruckpegel im Mischgebiet aus Gewerbe sowie Wohngebiet: nachts (22-6 Uhr) 45 dB, tagsüber 60 dB

Für eine Bewertung von Verkehrslärm werden die von der Verkehrslärmschutzverordnung festgelegten Richtwerte eingesetzt. So darf in einem allgemeinen oder reinen Wohngebiet kein Limit von 49 dB(A) überschritten werden. Beanstanden Mieter einen mangelnden Schallschutz in Wohnungen, gelten die VDI-Richtlinie 4100 für Schallschutz im Hochbau sowie die DIN-Norm 4109 als wichtigste Grundlagen.

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